Geschichte und Entstehung

Thru-Hike

Was ist Thruhiking?

Thruhiking oder Thruhike (auch Thru-hiking oder Thru-hike; deutsch Durchwanderung) bedeutet, einen Weit- oder Fernwanderweg zusammenhängend vom Anfang bis zum Ende zu bewandern. Ebenso wird ein Wanderer, der sich auf einem solchen befindet oder ihn erfolgreich absolviert hat, als Thruhiker bezeichnet. Im Gegensatz zum Section Hiking, bei dem ein Weg in Abschnitten erwandert wird, wird beim Thru-Hiking der gesamte Weg in einem Stück zurückgelegt. Diese Art des Wanderns erfordert viel Vorbereitung, Ausdauer und oft mehrere Wochen oder Monate Zeit.

Das Thruhiking ist die eigentliche Königsdisziplin des Wanderns. Die klassische Definition beinhaltet, einen Fernwanderweg innerhalb eines Kalenderjahres von Anfang bis Ende zu absolvieren.

Die Regeln für einen Thruhike auf dem Nord Süd Trail findest du <<hier>>.

Geschichte und Entstehung

Thru-Hiking hat seine Wurzeln in den USA, wo in den 1920er und 1930er Jahren die ersten langen Fernwanderwege angelegt wurden. Die Idee, einen Weg in einer durchgehenden Tour zu bewältigen, entwickelte sich parallel zur Entstehung dieser Wege.

Der erste dokumentierte Thru-Hike des AT 1948 von Earl Shaffer
  • Appalachian Trail (AT): Der älteste und bekannteste Fernwanderweg der USA wurde 1937 fertiggestellt. Der erste dokumentierte Thru-Hike des AT wurde 1948 von Earl Shaffer absolviert, der damit bewies, dass es möglich ist, den gesamten Weg in einer Saison zu wandern.
  • Pacific Crest Trail (PCT): Dieser Weg wurde in den 1930er Jahren konzipiert und 1993 offiziell fertiggestellt. Der erste Thru-Hike des PCT wurde 1952 von Martin Papendick durchgeführt.

Thru-Hiking ist eng mit der amerikanischen Wanderkultur verbunden und wurde durch Bücher wie „A Walk in the Woods“ von Bill Bryson oder Filme wie „Wild“ (basierend auf Cheryl Strayeds Memoir) populär. Es symbolisiert Abenteuer, Selbstfindung und die Verbindung zur Natur. Bis 2020 gab es in Deutschland keine klassischen Thru-Hiking-Wege mit der Länge des Appalachian Trail (AT) oder des Pacific Crest Trail (PCT). Die heimischen Wanderwege sind eher auf kürzere Strecken ausgelegt. Auch die europäischen Fernwanderwege folgen einem anderen Konzept, eignen sich nicht für einen klassischen Thru-Hike und wurden ursprünglich nicht dafür entwickelt.

Was sind die bekanntesten Trails?

Thru-Hiker auf dem Appalachian Trail. Foto: flickr_effrey Stylos. Zur Lizenz.

Mareike vom podcast “Wanderwach&Kaffee” auf dem PCT 2017
Und der Nord Süd Trail ?

Die bekanntesten Thru-Hiking-Wege sind die bereits erwähnten drei großen amerikanischen Trails, die oft als die „Heilige Dreifaltigkeit des Wanderns“ oder die „Triple Crown of Hiking“ (auf Deutsch „dreifache Krone“) bezeichnet werden.

  • Appalachian Trail (AT)
    • Länge: 3.500 km (von Georgia nach Maine, USA).
    • Highlights: Great Smoky Mountains, Shenandoah National Park, White Mountains.
    • Dauer: 5–7 Monate.
  • Pacific Crest Trail (PCT)
    • Länge: 4.265 km (von der mexikanischen zur kanadischen Grenze, USA).
    • Highlights: Sierra Nevada, Mojave-Wüste, Cascade Range.
    • Dauer: 4–6 Monate.
  • Continental Divide Trail (CDT)
    • Länge: 5.000 km (von Mexiko nach Kanada, USA).
    • Highlights: Rocky Mountains, Gila Wilderness, Glacier National Park.
    • Dauer: 5–7 Monate.
  • Camino de Santiago (Spanien)
    • Länge: Variiert je nach Route (z. B. Camino Francés: 800 km).
    • Highlights: Pilgerkultur, historische Städte, spanische Landschaften.
    • Dauer: 4–6 Wochen.
  • Hexatrek (Frankreich)
    • Länge: 3.034 km (von Weißenburg nach Hendaye).
    • Highlights: Vogesen, Nord und Süd Alpen, Pyrenäen.
    • Dauer: 5–6 Monate.
  • Te Araroa (Neuseeland)
    • Länge: 3.000 km (von Cape Reinga nach Bluff).
    • Highlights: Neuseelands Nord- und Südinsel, vulkanische Landschaften, Fjorde.
    • Dauer: 4–6 Monate.

Wir sind nicht so überheblich, den Nord Süd Trail (NST) zu den „großen“ Thru-Hiking-Trails dieser Welt zu zählen – dafür ist dieser Weg zu speziell. Doch was meinen wir damit?

Der NST ist, ähnlich wie der Camino de Santiago, kein Wildnis-Trail, auf dem man sich ausschließlich in menschenleerer Umgebung bewegt. Er wurde in erster Linie für einheimische Wanderer entwickelt und bisher noch nicht gezielt für internationale Fernwanderer beworben. Warum nicht? Die meisten internationalen Fernwanderer verbinden mit einem Thru-Hiking-Trail Wildnis und unberührte Natur. Um Missverständnisse oder Enttäuschungen zu vermeiden, haben wir den Weg daher noch nicht international bekannt gemacht.
Auch die Problematik des Zeltens in freier Natur und die damit verbundene Rechtslage in Deutschland schrecken sicherlich einige ab.

Warum also ein Thru-Hiking-Trail in Deutschland?
  1. Deutschlands Schönheit:
    Deutschland ist ein Land mit atemberaubenden Landschaften, die oft unterschätzt werden. Der NST zeigt, wie vielfältig und abwechslungsreich das Land ist – von der Küste bis zu den Alpen.
  2. Kulturelle Entdeckungsreise:
    Der NST ist nicht nur ein Wanderweg, sondern eine Reise durch die europäische Geschichte und Kultur. Wanderer erleben die Spuren der Vergangenheit und die lebendige Gegenwart.
  3. Zukunftspotenzial:
    Viele Menschen weltweit haben deutsche Vorfahren oder interessieren sich für die deutsche Kultur. Der NST bietet die Möglichkeit, die Heimat der Vorfahren zu erkunden und dabei eine tiefe Verbindung zur Geschichte und Landschaft aufzubauen.
  4. Einstieg in das Thru-Hiking:
    Für Wanderer, die noch keine Erfahrung mit extremen Wildnis-Trails haben, ist der NST ein perfekter Einstieg. Die gute Infrastruktur und die Mischung aus Natur und Kultur machen ihn zugänglich und dennoch herausfordernd.

Mit der richtigen Kommunikation und Vorbereitung könnte der NST in Zukunft auch internationale Thru-Hiker anziehen, die sich für die europäische Identität und die besondere Atmosphäre Deutschlands interessieren. Bis dahin bleibt er ein Geheimtipp für alle, die das Besondere suchen – abseits der ausgetretenen Pfade.

Die Marksburg ist eine aus dem 13. Jahrhundert und nie zerstörte Höhenburg am Mittelrhein

»Wenn du mal selbst einen langen Trail gelaufen bist,
erkennst du auf den ersten Blick, wer ein Thruhiker ist.«

Was sind die größten Herausforderungen?

Ein Thruhike ist eine sehr lange und schwierige Reise, beim NST dauert sie z. B. durchschnittlich fünf Monate und umfasst 3.620 Kilometer. Tausende Wanderer laufen jedes Jahr auf dem AT, PCT und auf anderen Fernwanderwegen, wobei Schätzungen zufolge weniger als 20 Prozent den gesamten Weg zurücklegen. Das hat natürlich seine Gründe. Ein Thruhike erfordert eine intensive Planung, um die Ausrüstung vorzubereiten und die Versorgung zu organisieren. Auf Grund der dichten Besiedlung Deutschlands muss man sich auf dem NST nicht so viele Sorgen um Wasser und Nahrungsmittel machen wie auf den nordamerikanischen Wildnis-Trails. Diese Webseite soll euch ein wenig bei euren Vorbereitungen helfen. Wer sich auf ein derartiges Abenteuer einlässt, muss sich genau über die Route oder gegebenenfalls Alternativrouten informieren, wetterbedingte Auszeiten einplanen, Einkaufsmöglichkeiten und Transportmittel überprüfen und die Ausrüstung zusammenstellen und testen. Deshalb kann die Planung eines Thruhikes mehr Zeit in Anspruch nehmen, als die Wanderung selbst.

Appalachian Trail. Foto: flickr_John Hayes. Zur Lizenz.

Checklist

  • Dauer: Thru-Hikes dauern oft mehrere Monate (z. B. 5–7 Monate für den Appalachian Trail).
  • Selbstversorgung: Wanderer tragen alles Notwendige (Zelt, Schlafsack, Nahrung) bei sich und versorgen sich unterwegs in Städten oder an Versorgungspunkten.
  • Community: Thru-Hiker bilden eine enge Gemeinschaft und unterstützen sich gegenseitig. Es gibt spezielle Begriffe wie „Trail Magic“ (unerwartete Hilfe oder Geschenke von Einheimischen) oder „Trail Names“ (Spitznamen, die Wanderer unterwegs erhalten).
  • Herausforderungen: Wetter, körperliche Belastung, Einsamkeit und logistische Planung sind typische Herausforderungen.

Soulboy auf dem NST 2020.

Fernwandern? - ein weiter Weg für Deutschland

Obwohl Deutschland eigentlich die größte Wandernation auf der Welt ist, steckt das Fernwandern im Vergleich zu den USA hier noch in den Kinderschuhen. Das beste Beispiel hierfür ist, die in Deutschland eher mäßig verbreitete, Kultur, sich um seine Thruhiker zu kümmern. Doch immer häufiger erlebt man hier als Fernwanderer eine Hilfsbereitschaft, eine Offenheit, getragen von Begeisterung und Interesse, die so nicht selbstverständlich ist. Deutschland trägt zwar noch Kinderschuhe, aber diese stehen in den Startlöchern auf dem Weg zu einem attraktiven Ziel für Fernwanderer aus aller Welt. Es ist zwar noch reichlich Luft nach oben, aber die Etablierung von Trekkingplätzen, Naturlagerplätzen, privaten Geländen und die Duldung von Übernachtungen in und um Schutzhütten sind alles kleine Schritte in die richtige Richtung.

Thru-Hiking ist mehr als nur Wandern – es ist eine Lebenserfahrung, die körperliche und mentale Grenzen auslotet.

Hike On !