Westweg
Pforzheim - Lörrach (282km)
Der Kultweg im Schwarzwald - vor über 100 Jahren als Fernwanderweg angelegt.
Der Westweg
Wegmarkierung vom Westweg
Am Kupferhammer in Pforzheim, dort, wo sich Nagold und Würm vereinen, beginnt der legendäre Westweg. Noch in der Stadt, aber schon mit Blick auf die ersten Höhen des Schwarzwalds, folgt man den roten Rauten hinauf über Dillweißenstein. Die Häuser bleiben zurück, der Lärm verstummt, und mit jedem Schritt schiebt sich die grüne Wand des Nordschwarzwalds näher. Über den Härmelesberg, einem markanten Umlaufberg der Nagold, geht es hinab zum Fluss, die Bahnlinie wird überquert, und bald taucht man bei der Siedlung Sonnenberg in ruhigeres Terrain ein. Kurz vor der Enzbrücke nach Birkenfeld zweigt die Route links ab, bleibt im Tal und begleitet die Enz bis Neuenbürg. Hoch über dem Ort thront das Alte Schloss, und wer sich Zeit nimmt, findet dort im Neuen Schloss die liebevoll inszenierte Sage „Das kalte Herz“.
Unten in der Altstadt überquert man die Enz, folgt einer steilen Rampe hinauf zum Prallhang und wandert durch stille Wohnviertel endgültig hinaus in die dichten Wälder des Nordschwarzwalds.
Nur kurz wird die Ruhe bei der Schwanner Warte südlich von Straubenhardt unterbrochen, bevor der Weg bei den Volzemer Steinen wieder in den hohen Tannenwald eintaucht. Der erste Tag endet in Dobel – ein kleiner Ort, ruhig, fast vergessen, doch für viele der Moment, an dem der Westweg beginnt, sich wie ein echter Fernwanderweg anzufühlen.
Ab in den Nordschwarzwald
Schon kurz hinter den letzten Häusern von Dobel verschluckt einen wieder der Wald. Der Westweg taucht ein in die dichten Nadelwälder, die so typisch für den Nordschwarzwald sind. Der Weg steigt sanft an, der Duft von Harz liegt in der Luft, und bald erreicht man den Stierkopf, dessen steile Flanken schroff ins Tal der Alb abfallen. Oberhalb dieser Hangkante führt der Pfad weiter – immer knapp unterhalb der Kammlinie, mal durch dichten Tannenwald, mal über offene Lichtungen, auf denen sich das Licht wie goldener Nebel fängt. Vorbei am Weithäuslesplatz zieht der Westweg unterhalb des Schweizerkopfs vorbei zur kleinen Hahnenfalzhütte, einem stillen Rastplatz mitten im Wald. Kurz darauf öffnet sich das Gelände – eine hochmoorige Ebene, feucht, still und fast mystisch – und man erreicht die Langmartskopfhütte, wo sich die Extratour wieder mit der Hauptroute vereint.
Auf den nächsten Kilometern zeigt der Schwarzwald ein anderes Gesicht: Der Orkan Lothar hat hier deutliche Spuren hinterlassen. Wo einst dichter Forst stand, öffnet sich nun die Sicht ins Murgtal – ein unerwarteter, großartiger Ausblick über die sanften Höhenzüge bis weit in die Ferne. Danach schließt sich der Wald wieder, dichter, dunkler, beinahe nordisch. Man wandert durch einen Wald, der an Schweden erinnert: weicher Boden, moosbedeckte Stämme, stille Luft.
Bei der Kreuzlehütte wird die Alte Weinstraße überquert, und bald darauf taucht am Horizont das Ziel dieser Etappe auf – Kaltenbronn. Von dort folgt der Weg dem Kaltenbach, der über Granitbrocken hinwegplätschert, hinauf zum Hohloh. Am Hohlohturm erreicht man schließlich die 3.000-Kilometer-Marke des NST – eine Plakette an der Hütte erinnert an diesen besonderen Moment. Das Hochmoor am Wildsee ist einer der magischsten Orte des ganzen Westwegs: Nebelschwaden liegen über dem dunklen Wasser, uralte Kiefern stehen im Torf, und wer früh unterwegs ist, hört nur das Rascheln des Windes im Wollgras. Es wirkt fast nordisch – ein Stück Skandinavien mitten im Schwarzwald.
Dann wartet der Abstieg ins Murgtal – nach Forbach, mit seiner historischen Holzbrücke und den alten Fachwerkhäusern.Forbach ist eine malerische Gemeinde im nördlichen Schwarzwald, im Landkreis Rastatt (Baden-Württemberg), und gilt als echtes Tor zum Nationalpark Schwarzwald.
Hornisgrinde, Mummelsee, Hausach
Danach folgt einer der härteren Abschnitte: ein steiler Anstieg durch eines der stillen Heuhüttentäler. Schnell bleibt die Stadt weit unter einem zurück, und die Beine spüren den ersten 450-Meter-Aufstieg. Oben, an der Wegscheide, weicht der Wald und gibt den Blick auf die Schwarzenbach-Talsperre frei. Das klare Wasser ist eine willkommene Erfrischung, und wer mag, gönnt sich ein kurzes Fußbad, bevor es weitergeht. An der Talsperre kann man die gewaltigen Druckrohrleitungen des Pumpspeicherwerks bestaunen – ein Zeugnis menschlicher Ingenieurskunst mitten in der Wildnis. Danach wartet der Aufstieg zum Herrenwieser See und weiter zum Seekopf. Noch einmal 350 Höhenmeter, bis man schließlich auf die ersten Tausender des Schwarzwalds steigt. Am Gedenkstein für Philipp Bussemer, einen der Gründer des Westwegs, öffnet sich der Blick auf die Badener Höhe mit ihrem Friedrichsturm. Von dort ist es nur ein kurzes Stück zur Schwarzwaldhochstraße, wo Hotels und Kurhäuser zur Einkehr laden. Wer noch Kraft hat, macht den Abstecher zu den Gertelbachfällen – 220 Höhenmeter Wasser in Bewegung, wild und wunderschön. Von Unterstmatt zieht sich der Weg weiter hinauf zur Hornisgrinde. Die freien Hochflächen hier oben nennt man „Grinden“ – weite, offene Wiesen mit Heidekraut, Binsen und knorrigen Bäumen, ein Stück nordisches Hochland mitten in Baden. Auf schmalem Pfad geht es zum Gasthaus Ochsenstall und dann steil hinauf zum Hochplateau. Die Aussicht auf 1.163 Metern ist grandios – Windräder, Moorflächen und das Gefühl, ganz oben zu sein. Der Bohlenweg führt durch das Hochmoor zum Dreifürstenstein und zum Hornisgrindeturm, von wo man den Mummelsee bereits sehen kann. Am See erreicht man wieder die Schwarzwaldhochstraße. Der Weg bleibt in ihrer Nähe, schlängelt sich vorbei am Seibelseckle und unter dem Altsteigerkopf hindurch, bis er zum Seekopf und dem Eutinggrab mit dem eindrucksvollen Wildseeblick ansteigt. Die Darmstädter Hütte ist ein perfekter Rastplatz. Danach führt der Weg über den Ruhestein auf den Schliffkopf, durch weite Grindenlandschaften, wo der Sturm Lothar 1999 gewütet hat. Der Lotharpfad zeigt eindrucksvoll, wie sich die Natur ihr Terrain zurückholt.
An der Alexanderschanze verschwindet der Westweg wieder im Wald. Über den Wolfursprung und entlang des oberen Renchtals bietet sich am Bauernkopf ein weiter Blick auf Bad Griesbach. Bei Thermik starten hier Drachenflieger – ein schöner Kontrast zur stillen Landschaft. Über die Lettstädter Höhe und die Teufelskanzel führt der Weg weiter, dann hinunter zum Glaswaldsee, tief in einem Kar versteckt. Wer die 200 Höhenmeter Abstieg nicht scheut, wird mit einem märchenhaften Anblick belohnt. Anschließend geht es über den Freiersbergsattel zum Klagstein, einem perfekten Rastplatz mit Blick über das Wildschapachtal. Weiter über den Burzbühl und Hohenlochen, bis der Weg schließlich nach Hausach hinabführt.
Über viele Gipfel zum Titisee
Von Hausach geht es gleich wieder steil hinauf – 550 Höhenmeter bis zum Farrenkopf. Unterwegs thront die Burgruine Husen über der Stadt, still und beeindruckend. Oben folgt der Westweg einem schmalen Bergrücken, stetig auf und ab, bis über 1.100 Höhenmeter zusammenkommen. Schanzenanlagen und alte Befestigungen zeugen von vergangenen Kriegen. Am Karlstein bietet sich schließlich ein grandioser Rundblick über den Mittleren Schwarzwald, bevor es gemütlicher zur Wilhelmshöhe bei Schonach geht. Zwischen Schonach, Schönwald und Furtwangen zeigt sich der Schwarzwald von seiner sanfteren Seite. Die Berge werden rund, die Wege breiter, und nach den vielen steilen Etappen fühlt sich das fast wie Erholung an. Vorbei am Wolfbauernhof erreicht man das Naturschutzgebiet Blindensee – ein stilles Hochmoor mit Wollgras und Krüppelkiefern, das in der Morgensonne fast magisch wirkt. Kurz darauf erreicht man die Quelle der Breg an der Martinskapelle – unscheinbar, aber von symbolischer Bedeutung, denn hier beginnt die Donau.
Über den Günterfelsen geht es zum Brend, einem weiteren Schwarzwaldgipfel mit Aussichtsturm. Bei klarer Sicht kann man von hier die Alpen sehen – vom Mont Blanc bis zur Zugspitze. Nach einem gemächlichen Abstieg erreicht man die Kalte Herberge. Von dort folgt der Westweg der Kammstraße B500. Es ist kein besonders schöner Abschnitt, aber bald verschwindet der Verkehrslärm wieder hinter den Bäumen. Am Doldenbühl und Hohlen Graben finden sich alte Verteidigungsanlagen, stille Zeugen einer anderen Zeit. Dann führt der Weg vorbei am Jockelshäusle hinauf zur Weißtannenhöhe mit Blick auf den Feldberg – den mächtigsten Berg des Schwarzwalds. Bei Heiligenbrunnen erzählt eine Kapelle die Legende der Heiligen Notburga, und in der nahen Gaststube stillt man den Durst etwas irdischer. Am berühmten Titisee trennt sich der Westweg in zwei Hauptstrecken. Während die hier beschriebene westliche Route über den Feldberg und den Belchen den Blauen Basel ansteuert, verläuft die östliche Route südlich am höchsten Schwarzwaldberg vorbei. Der NST nimmt natürlich die westliche Route über die drei hohen Gipfel des Schwarzwaldes.
Die drei Gipfel
Vom Titisee führt die westliche Variante auf schmalen Pfaden zur Skisprungarena von Hinterzarten. Dahinter beginnt der Aufstieg über den Emil-Thoma-Weg zum Feldberg. Der Pfad wird steiler, der Wald dichter, der Boden weicher. Am Feldsee lohnt sich ein kurzer Abstecher zu den Felswänden, die fast alpin wirken. Über das Grüble zieht der Weg weiter hinauf, bis man schließlich am 1.495 Meter hohen Feldberg steht – dem höchsten Punkt Deutschlands außerhalb der Alpen. Die Aussicht reicht über Schwarzwald, Vogesen und Alpen, ein Moment, der bleibt. Vom Feldberg geht es sanft bergab über St. Wilhelmer Hütte und Stübenwasen zum Wiedener Eck. Die Landschaft öffnet sich, die Luft wird wärmer, und auf den freien Wiesenhängen weht der Duft von Sommer und Heu. Vom Wiedener Eck zieht der Weg in weitem Bogen um den Dietschel und Heidstein, bevor sich der markante Belchen aufbaut. Über steile Serpentinen geht es hinauf zum Gipfel und zum Belchenhaus. Von hier reicht der Blick über den gesamten Schwarzwald, zur Rheinebene, zu den Vogesen – und bei klarem Himmel bis zu den schimmernden Alpen. Ein Ort, an dem man am liebsten bleiben möchte.
Doch der Weg ruft. Über den Heideck und das Heubronner Eck führt der Westweg weiter zum Haldenhof und dann durch ruhige Wälder bis zum Müllheimer Egerten. Noch ein letzter großer Anstieg – 200 Höhenmeter hinauf auf den Blauen, den südlichsten der großen Schwarzwaldberge. Danach nur noch bergab. Über den Hexenplatz und die Ruine Sausenburg rollt der Weg förmlich aus, bis man Kandern erreicht. Von hier zeigt sich der Schwarzwald noch einmal von seiner offenen, sanften Seite. Helle Buchenwälder und Wiesen begleiten den Wanderer Richtung Süden. Entlang der Trasse der alten Kandertalbahn geht es durch die Wolfsschlucht, vorbei an Hammerstein und Wollbach, bevor die Weinberge des Markgräflerlands auftauchen. Über schmale Wege führt der Westweg hinauf zur mächtigen Burgruine Rötteln, deren Türme einen weiten Blick über das Wiesental bieten. Danach nur noch wenige Kilometer: über den Tüllinger Berg mit seinen Gedenkstätten und Aussichtspunkten, durch Obertüllingen, hinab in die Ebene.
Auf der Höhe von Lörrach verlässt der Nord Süd Trail den Westweg und nimmt Kurs auf den Startpunkt des Main-Neckar-Rhein-Wegs. Wer möchte, kann den Thru-Hike des Westwegs natürlich auch bis nach Basel fortsetzen und später über die Ost-Variante wieder auf den NST treffen – die Entscheidung liegt ganz bei euch.
Fazit :
Der Westweg ist mehr als nur ein Wanderweg – er ist ein Stück Schwarzwaldgeschichte. Er verbindet alles, was diese Landschaft ausmacht: tiefe Wälder, stille Moore, einsame Höhen, rauschende Bäche und menschliche Spuren, die sich behutsam in die Natur einfügen. Wer ihn geht, spürt, wie sich Landschaft und Stimmung verändern – von den klaren Linien des Nordens bis zu den offenen Weinhügeln im Süden. Der Westweg ist fordernd, ja, manchmal auch anstrengend, doch jeder Schritt schenkt das Gefühl, Teil dieser Landschaft zu sein.
Ein Weg, den man nicht einfach wandert – man erlebt ihn.
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