Übernachten in Schutzhütten? Ja, sicher.
„Wie machst du das mit dem Übernachten auf dem Nord Süd Trail? Du darfst doch in Deutschland nicht einfach so dein Zelt aufstellen.“
Einer der meist gestellten Fragen rund um den NST und damit auch ein Beleg dafür, dass das Übernachten in der Natur ein wichtiges und großes Thema ist. Vielleich war genau diese Frage „Wohin mit dem Fernwanderer auf seiner Reise?“ der Grund, weshalb bis heute kein einziger Wanderverband einen nationalen Fernwanderweg verwirklicht hat. Fakt ist, eine Fernwanderung dauert mehrere Monate und es ist vollkommen ausgeschlossen, diese ausschließlich mit Hotel- oder Pensionsübernachtungen zu absolvieren. Für die meisten wird dies finanziell und organisatorisch nicht möglich sein, außerdem wählt man ja bewusst die Nähe zur Natur, den Rhythmus und die Einfachheit. Eine Fernwanderung (Thru-Hike) kann und sollte man auch nicht Monate im Voraus planen, jeder Plan wird spätestens nach den ersten unerwarteten Wetterumschwüngen verworfen.
Wie ist der Status Quo in Deutschland?
Das sogenannte „Wildcampen“ ist hierzulande eine Ordnungswidrigkeit. Wer erwischt wird, kann mit einem Bußgeld, dessen Höhe von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich hoch ausfällt, bestraft werden. In der Regel wird zwar nicht viel passieren, wenn man sich an die für Fernwanderer selbstverständlichen Verhaltensregeln hält. Ausnahmen bilden natürlich die Naturschutzgebiete. In diesen Schutzzonen ist nicht nur das „Wildcampen“ verboten, sondern auch schon das Verlassen der etablierten Wanderwege.
Was sind das für Verhaltensregeln?
▶ Niemals in Naturschutzgebieten campieren!
▶ Niemals offenes Feuer machen!
▶ Kein Krach oder laute Musik!
▶ Keinen Müll hinterlassen!
▶ Keinen Zutritt auf Privatgrundstücke verschaffen!
▶Die Schutzhütte möglichst sauberer hinterlassen, als du sie vorgefunden hast!
Jetzt könnte der besorgte Bürger natürlich zu recht sagen: „Es ist nun mal verboten, also haltet euch gefälligst daran!“ Viele Jahre hat man das Problem oder die Thematik genauso behandelt. Das blöde ist aber, nicht immer machen Gesetzte oder Vorschriften auch Sinn. Die Behörden, Ämter, Naturschutzbehörden und Touristikverbände mussten erkennen, dass sich mit reinen Verboten die Sehnsucht ein wenig zur Natur zurückzufinden nicht aus der Welt schaffen lässt. Die Schaffung von legalen Trekkingplätzen sind ein riesiger Schritt in die richtige Richtung und natürlich auch ein löbliches Eingeständnis, dass man sich endlich der Realität stellt. Menschen schlafen in der Natur, ob sie wollen oder nicht. Kein Verbot in Deutschland ändert etwas daran. Die Trekkingplätze oder auch Naturlagerplätze zeigen aber auch, wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg. Hätte man im Vorfeld mehr mit Fernwanderern und Wanderführern gesprochen, hätten diese Plätze und deren Buchungsmethoden sogar noch besser werden können.
Aber der „Fuß ist in der Tür“ und die Plätze werden von Jahr zu Jahr mehr. Danke dafür!
Mittlerweile gibt es Naturlagerplätze in der Eifel, dem Pfälzerwald, Schwarzwald, Soonwald, Hunsrück-Hochwald, Steigerwald, Odenwald, Frankenwald, im Spessart, in Schleswig-Holstein, im Elbsandsteingebirge, im Sauerland, und im Nationalpark Kellerwald-Edersee. Auch auf der Route des NSTs liegen viele dieser Trekkingcamps. Aber in den letzten Jahren hat sich eine weitere Sache sehr positiv entwickelt:
Das Tolerieren von Übernachtungen in und um Schutzhütten!
Wir von der Initiative Nord Süd Trail setzen uns ganz offensiv für die Tolerierung von Übernachtungen in und um Schutzhütten ein! Schluss mit der Angst erwischt zu werden. Das Übernachten für unmotorisierte Menschen auf der Durchreise sollte für ein paar Stunden in Schutzhütten möglich sein.
Für was sind Schutzhütten eigentlich da? Wie der Name schon sagt, sie sollen primär Schutz bieten, Schutz vor Wind, Regen, Sturm aber auch…vor Dunkelheit. Beim Fernwandern diktiert die Natur meinen Tagesablauf, ich gehe so weit wie ich Lust, Kraft oder eben Licht habe. Nichts ist im Vorfeld gebucht oder geplant, also suche ich oft Schutz vor der Dunkelheit und der Nacht in diesen Hütten. Ich verwende ganz bewusst hier nicht das Wort „Campen“, weil ein paar Stunden in einer Schutzhütte zu liegen hat nichts, aber auch garnichts mit Campieren zu tun. Ein paar Stunden Schlaf dienen der Erholung, bevor man wieder recht früh mit den Gesängen der Vögel weiter zieht.
Aber auch hier hat sich in den letzten Jahren viel getan. In den meisten Gebieten, wo die großen etablierten Wanderwege durchführen, werden neue Hütten gebaut, die bereits Schlafplätze oder sehr breite Bänke zum Übernachten einbeziehen. Als löblichstes Beispiel ist hier der Schwarzwald mit seinem Westweg zu nennen. Hier ist die Tolerierung von Übernachtungen in Schutzhütten schon längst Realität, es steht sogar vereinzelt auf Schildern, dass die Übernachtung für Wanderer dort ausdrücklich erlaubt ist.
Auch in diesem Fall haben Förster, Naturschutzbehörden, Touristikverbände aber auch Jäger erkannt, dass es besser ist, die Wanderer in einer Hütte schlafen zu lassen, als zum Beispiel in der Nähe eines Hochstands oder noch schlimmer, mitten im Wald in einem Naturschutzgebiet. Es gibt aber auch hier eine Besonderheit….Was passiert, wenn eine Hütte in einem Naturschutzgebiet liegt?
Grundsätzlich sollte man Naturschutzgebiete für eine Übernachtung meiden. Diese Gebiete haben einen Sinn und sind nicht ohne Grund angelegt worden. Jeder Naturliebhaber wird dafür mehr als nur Verständnis haben. Das Problem ist aber, dass einige Fernwanderwege durch sehr große Naturschutzgebiete führen, die man an einem einzigen Tag nicht zu Fuß durchqueren kann. Am Beispiel des Nord Süd Trails wären hier der Heidschnuckenweg oder das Siebengebirge zu nennen. Wie kann man also auf der einen Seite einen langen Fernwanderweg durch ein großes Naturschutzgebiet führen, sich aber auf der anderen Seite keine Gedanken machen, wo die Fernwanderer übernachten sollen? Für solche seltenen Fälle wäre ein legaler Trekkingplatz am Rande der NSGs vielleicht für alle Seiten eine akzeptable Lösung. Dass dies möglich ist, zeigt das Beispiel eines Campingplatzes in Rheinland-Pfalz, mitten in einem streng geschützten NSG. Unter einigen Auflagen ist ein akzeptabler Kompromiss gelungen, für alle Seiten. Ich glaube, dass die meisten Naturschutzbehörden mittlerweile erkannt haben, dass die Menschen die ein paar Stunden in diesen Hütten schlafen, nicht diejenigen sind, die in Schutzzonen die etablierten Wanderwege verlassen und alles niedertrampeln, Hütten mutwillig zerstören oder anzünden, randalieren, Alkoholexzesse feiern oder alles rund um die Hütte vollschei**en.
Ein Vorbild für die Löwenburg im Siebengebirge? Ein legaler Trekkingplatz mitten im Naturschutzgebiet bei der Grimburg
Habe ich schon mal in einer Hütte in einem NSG übernachtet? Vermutlich ja und das tut mir natürlich im Nachhinein leid. Oft weiß man einfach auch nicht genau, ob die eine oder andere Hütte noch in einem geschützten Gebiet liegt. Kleine Plaketten mit dem NSG Symbol an den Hütten wären eine prima Hilfe und würden den unbedachten Wandersmann daran erinnern doch lieber noch ein Stück weiter zu ziehen. So eine Lösung wäre sicherlich recht unbürokratisch machbar. Ein Kodex auf dem NST wird in Zukunft sein, NSGs zu respektieren und nur in absoluten Notfällen in so einer Schutzhütte zu nächtigen. Des Weiteren werden wir alle Schutzhütten in unserem Online Verzeichnis, die in einem Naturschutzgebiet liegen, kennzeichnen und gesondert darauf hinweisen. Dennoch hoffen wir weiterhin, dass es vielleicht irgendwann eine für beide Seiten akzeptable Lösung geben wird. Lasst uns in Zukunft einen konstruktiven Dialog führen und hoffentlich weitere Lösungen für Fernwanderer finden.
Initiative Nord Süd Trail 2022.
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